Jürgen Kreft

Jürgen Kreft

27. August 1954– 17. August 2023


Ich habe Jürgen Kreft im Rahmen meiner Tätigkeiten im FiS in unterschiedlichen Rollenbezügen schätzen gelernt: als Teilnehmer in der Supervisionsausbildung, als Redakteur und später Mitherausgeber der Zeitschrift Forum Supervision, als Kollege im FiS-Team und in der gemeinsamen Kursarbeit und als Redakteur für den FiS-Newsletter.

Ich habe ihn als sehr reflektierten, klugen, bescheidenen, vielbelesenen und kulturell außerordentlich interessierten Kollegen kennengelernt, der trotz einfühlender Wärme in vielen Situationen eine kritische Distanz bewahrte, die es ermöglichte, Situationen auch mit dem notwendigen Blick von außen zu diagnostizieren.

Jürgen ist mir in den vielen Jahren unserer Zusammenarbeit ans Herz gewachsen. Seinen Tod erlebe ich als schmerzlichen Verlust.

Inge Zimmer-Leinfelder


Zum Tod von Jürgen Kreft, unserem Kollegen im FiS – ruhig und verlässlich war er da, zurückhaltend und nachdenklich, einfühlsam und klar!

Jürgen fehlt!

Meer 

Wenn man ans Meer kommt
soll man zu schweigen beginnen
bei den letzten Grashalmen
soll man den Faden verlieren
und den Salzschaum
und das scharfe Zischen des Windes einatmen
und ausatmen
und wieder einatmen

Wenn man den Sand sägen hört
und das Schlurfen der kleinen Steine
in langen Wellen
soll man aufhören zu sollen
und nichts mehr wollen wollen
nur Meer
Nur Meer

Erich Fried

Elisabeth Gast-Gittinger


Wenn ich an Jürgen denke …

Wenn ich an Jürgen denke, kommen mir immer seine lebendigen Augen in den Sinn, mit denen er die Welt auf eine nachdenkliche Weise beobachtete und sich seinen Reim darauf machte. Was er sah oder gesehen hatte, wurde nicht gleich nach außen getragen – er ließ es erstmal bei sich und zog es vielleicht dann durch die vielen Pfade, die er in seinem gedanklichen Leben innerlich bereits gebahnt hatte. Diese gedankliche Weite habe ich wohl geahnt, aber doch erst in den langen Mail-Kontakten wirklich gesehen, die wir nach seinem Ausscheiden aus dem FiS-Leitungsteam begonnen hatten. Dafür war erst Zeit, als er nicht mehr den FIS-Alltag mit uns teilte …

Er war ein kluger Kollege, der über seine Gedanken, sein Engagement und seine vielen Kontakte selten große Worte verlor. Aber manchmal, wenn er prinzipiell wurde, blitzte seine innere Kraft auf und man spürte den normativen Rahmen, die Ebene des Politischen, des Künstlerischen, man spürte die Energie seiner Überzeugungen. Ich bin traurig, dass er nicht mehr da ist. Er hat sich nicht wichtig genommen und war doch ein wichtiger Begleiter. Ich freue mich darüber, dass ich seine Mails bewahrt habe.

Bernadette Grawe


Zum Tod von Jürgen Kreft

Irgendwann 1991 habe ich Jürgen Kreft persönlich kennengelernt. Da wir beide in Münster Germanistik studierten, kannte ich ihn vom Sehen. Allerdings gehörte er zu einer Gruppe von sehr belesenen und ständig diskutierenden Studenten, die wir jüngeren Student:innen bewunderten.

Jürgen und ich saßen in der Emsstraße beim FiS-Informationstag und wollten Supervisor:innen werden. Wir waren in einer Gruppe, und uns wurde beiden noch empfohlen, ein gruppendynamisches Training zu machen. Dorthin sind wir von Münster aus gemeinsam gefahren. Seither waren wir befreundet. Beide im 7. Ausbildungskurs, in der Studiengruppe, einmal Werkstattgruppe mit über 30 Kolleg:innen.

1995 gründeten wir eine kollegiale Supervisionsgruppe, in der wir bis 2021 in wechselnder Zusammensetzung gearbeitet haben. Seit 2003 hatten wir einen gemeinsamen Praxisraum und einige Projekte, die wir zusammen geleitet haben. Spannend war z.B. die Arbeitsgruppe Psychoanalyse. Wir haben den Psychoanalytiker Herrn Dr. Baumann eingeladen, Texte mit ihm diskutiert und pro Sitzung einen interessanten Fall – mit psychoanalytischem Blick – bearbeitet. Jürgens Arbeitsschwerpunkt lag in der Beratung von Mitarbeitenden im Verwaltungsbereich, die Frage der Veränderung von Organisationen hat ihn auch theoretisch sehr beschäftigt.

Seit 2001 waren wir im FiS-Team und haben mehrere Supervisionstage zusammen organisiert. Zu vielen Veranstaltungen sind wir gemeinsam gefahren. Auf diesen langen Fahrten haben wir vieles voneinander erfahren, uns gegenseitig beraten und ermutigt.

Nach der Corona-Pandemie entschied Jürgen, die Praxis nicht wieder „hochzufahren“ – so sein Ausdruck dafür – und räumte unsere Praxis, die inzwischen mehrere Räume hatte.

2021 entschied er, die Supervisionsarbeit ganz zu beenden und sich seiner Leidenschaft, der Philosophie wieder zu widmen. Er wollte schreiben und dafür brauchte er einen „freien Kopf“.

Im Januar beendete er die Arbeit und war frohen Mutes. Im Frühjahr erhielt er dann die Diagnose. Für ihn ein großer Schock, aber mit starkem Willen, nicht aufzugeben.

Jürgen Kreft war für mich ein wichtiger Wegbegleiter, Unterstützer und Gedankenverwandter. Seine Leidenschaft für Jazz, das Tanztheater, kunstvolle japanische Töpfereien und ausgefallene Bilder machten ihn besonders.

Ohne seine intensive Freundschaft, die vielen schönen Gespräche und Spaziergänge, die vielen Tassen Kaffee, wäre ich nicht zu der Supervisorin geworden, die ich bin. Zwei Wochen vor seinem Tod habe ich ihn ein letztes Mal gesehen. Er hatte vorher geschrieben, dass sein Umzug ins Hospiz das Ende ankündige. Ein Schock für ihn, seine Familie und viele Freund:innen.

Jürgen fehlt mir. Wenn ich im Büro bin, denke ich oft an ihn und manchmal denke ich: Was Jürgen jetzt dazu wohl sagen würde? Für die Zeit mit ihm bin ich sehr dankbar; für das, was er mir gegeben hat, danke ich ihm sehr.

Seiner Frau und seinem Sohn wünsche ich, dass sie viel Trost erfahren.

Monika Maaßen

In eigener Sache – zum Tod von Jürgen Kreft