Ein Plädoyer für bewusst ritualisiertes Gestalten des Generationenwechsels in Ausbildungsinstituten für Supervision

Einleitung: Generationenwechsel oder worum geht es eigentlich?

Ausbildungsinstitute für Supervision befinden sich in einer Phase kritischen Wandels. Die Generation der Gründer*innen – bis heute in beeindruckender Lebendigkeit engagiert – hat begonnen, Verantwortungen abzugeben. Für einen generationenübergreifenden Erhalt der Institute und damit auch einer zeitgemäßen Weiterentwicklung der Ausbildungsqualität ist das ein notwendiger Schritt.

Idealerweise gestaltet sich diese Phase nicht als abrupter Systemwechsel, sondern als ein allmählicher organisationaler sowie personeller Wandel (vgl. Merkel 1999, S. 74–76), der bestenfalls ein relativ stabiles Gleichgewicht erhält. Denn Veränderungen im Sinne eines solchen Wandels ermöglichen nicht nur institutionelle und fachliche Kontinuität, sondern erlauben vor allem auch interpersonell die Würdigung der besonderen Leistungen der Gründer*innen sowie einen stabilen und zugleich ergebnisoffenen Gestaltungsraum für die Nachfolgenden.

Nach meiner Einschätzung ist diese Phase des Wandels insofern kritisch, als der von mir als idealtypisch skizzierte Ausgang dieses Wandlungsprozesses stets ungewiss bleibt. Weder ist klar, ob es gelingen wird, die Institute unter neuen Leitungen und im Kontext von sich verändernden berufs- wie auch gesellschaftspolitischen Anforderungen zu erhalten; noch ist selbstverständlich, dass es gelingen wird, Würdigungen und Neuanfänge integrativ zu gestalten. Es stellt sich also die Frage, welche Bedingungen in einer solch kritischen Phase förderlich für einen gelingenden Wandel sein könnten?

Vor dem Hintergrund dieser einleitenden Überlegungen und zur Annäherung an eine Beantwortung der formulierten Frage plädiere ich dafür, dass eine bewusst ritualisierte Gestaltung des Generationenwechsels in den Ausbildungsinstituten Rahmenbedingungen schafft, die einem integrativen Wandel förderlich sein und somit einer existenzgefährdenden Destabilisierung entgegenwirken können. Zur Erläuterung dieses Plädoyers rekurriere ich sowohl auf rituelle Praktiken der Supervision, als auch auf theoretisch-diskursives Wissen aus der Ritualforschung sowie auf die Ausbildung zur Supervision als ritualisierten Prozess.

Rituelle Praktiken der Supervision und kulturelle Rituale

Ritualisierte Abläufe sind ein charakteristisches Merkmal supervisorischer Arbeit. Insofern ist rituelles Arbeiten eine Kernkompetenz von Supervisor*innen. Angefangen mit der Kontaktaufnahme und Kontraktverhandlung zwischen Auftraggeber*innen und Supervisor*innen, gefolgt von klar definierten und somit auch formalisierten Settings, die in zeitlich begrenzter Regelmäßigkeit stattfinden. Die Etablierung eines stabilen Rahmens sowohl mit Blick auf den Gesamtablauf als auch bezogen auf jede einzelne Sitzung gehört zu zentralen Aufgaben von Supervisor*innen, denn damit stellen wir die Grundvoraussetzung für Veränderungsprozesse bereit.

Gleichwohl gilt, dass die intentionale Gestaltung von Rahmen und Setting wie auch der Einsatz von bewusst gewählten Interventionen, nicht die letztendlichen Wirkungen dieser Bemühungen steuern können. Vielmehr agieren unsere Klient*innen eigenverantwortlich. Indem wir uns als Hüter*innen des Rahmens verstehen, eröffnen wir den Klient*innen nicht nur Entwicklungsmöglichkeiten, sondern schützen auch den symbolischen Erfahrungsort. Erst im räumlich wie auch zeitlich begrenzten und inhaltlich definierten Setting eröffnet sich das spezifische Potential supervisorischer Arbeit. Dabei ist ein stabiler Rahmen eben die Voraussetzung für diesen „potential space“ (Winnicott 1971).

Der „temporale Sonderraum“ (Löwer-Hirsch 2016), den wir in Supervisionen bereitstellen, lässt sich in Anlehnung an ethnologische Ritualforschung auch als ein liminaler Zwischenraum verstehen. Liminalität bezeichnet einen Zustand von Schwellenerfahrungen im Zuge kultureller Übergangsrituale (Turner 1977). Dabei bildet die Schwellenerfahrung die mittlere Phase in einem dreigliedrigen rituellen Prozess: 1) Trennungsphase (Seperation), 2) Übergangsphase (Schwelle) und 3) Wiedereingliederungsphase (Reintegration). In der Schwellenphase dominieren Erfahrungen des Weder-Noch: „Alte Bindungen sind aufgelöst, neue jedoch noch nicht geschaffen, sondern erst im Werden bzw. im Erscheinen begriffen. Wer eine liminale Erfahrung macht, muss vorübergehend ohne feste Position, ohne verlässliche Beziehungen, ohne vertraute Umgebung, ohne klare Regeln und eindeutig definierte Aufgaben auskommen“ (Warstat 2005, S. 186). Der Ausgang dieser Erfahrung, also die Gestalt der Reintegration, ist nicht vorhersagbar. Die Ergebnisoffenheit hält sowohl die Chance eines integrativen Gelingens als auch das Risiko einer existentiellen Destabilisierung bereit.

Zur Förderung einer gelingenden Integration ist der destabilisierende liminale Zustand (Schwellenphase) eingebettet in den Rahmen ritualisierter Handlungen, die sowohl den Eintritt in (Seperation) als auch den Austritt aus (Reintegration) der Schwellenphase markieren. Als performative Akte (Stritzke 2011, S. 53) wirken Riten regulierend in kulturellen Veränderungsprozessen. Ritualen ist also eine stabilisierende wie gleichermaßen schützende Funktion inhärent. Als Instrumente kultureller Sinnstiftung ermöglichen sie individuelle und gruppenbezogene Wandlungsprozesse auf der Basis kollektiv etablierter und akzeptierter Rahmenbedingungen.

Supervisorische Ausbildung als ritualisierter Prozess

Auch die Ausbildung zur Supervision lässt sich als ein kollektiv etablierter ritualisierter Prozess beschreiben und verstehen:

Mit der Idee, eine Ausbildung zur Supervision zu beginnen, treten Ausbildungsteilnehmende in die Phase der Seperation ein. Der Wunsch nach beruflichen Veränderungen und Weiterentwicklung motiviert dazu, sich auf neue Erfahrungen einzulassen. Das Lösen alter Bindungen und Abhängigkeiten setzt ein. Mit der Entscheidung für eine Ausbildung beginnt die Suche nach strukturierten und für die eigenen Bedürfnisse geeigneten Rahmenbedingungen. Mit der Anerkennung zur Teilnahme an einem Ausbildungsinstitut endet die erste Phase.

Die mehrjährige Ausbildungszeit kann insgesamt als liminale Schwellenerfahrung im Kollektiv einer kontinuierlichen Lerngruppe charakterisiert werden. Ausbildungsteilnehmende müssen zunächst ohne feste Position, mit anfänglich fragilen Beziehungen in einem noch unvertrauten Feld, neue Regeln und Aufgaben erlernen. Dabei entwickeln sie sukzessive ihren professionellen Habitus (Aguado und Grawe 2021) ebenso wie ihre Positionierung im Arbeitsfeld der Supervision. Zugleich changieren sie in dieser Zeit, eingebettet in die Gruppendynamik der Ausbildungskohorte, beständig zwischen ihren diversen Rollen als Lernende in Ausbildung, Etablierte in ihren beruflichen Tätigkeiten sowie der Supervisor*in auf dem freien Markt (Stritzke 2019). Mit dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung endet diese Übergangsphase.

Die Phase der Reintegration ist im Kontext der Ausbildung zur Supervision in mehrfacher Hinsicht rituell markiert: Mit dem Erhalt eines Ausbildungszertifikats wird der Nachweis eines erfolgreichen Abschlusses materialisiert. In vielen Ausbildungsinstituten wird der Übergang von der Rolle der Ausbildungsteilnehmenden zum/r Kolleg*in im Rahmen eines Abschlusskolloquiums vollzogen und abschließend gemeinsam gefeiert. Das Ausbildungszertifikat ist zugleich auch das Eintrittsticket für eine ordentliche Mitgliedschaft im Berufsverband der DGSv. Ob darüber hinaus langfristig eine Positionierung als Supervisor*in auf dem freien Markt angestrebt wird und gelingt, ist mit dem erfolgreichen Ausbildungsabschluss hingegen nicht garantiert.

So wie Supervisor*innen Hüter*innen des Rahmens in supervisorischen Prozessen sind, so sind die Ausbildungsinstitute bzw. die Ausbildungsleitungen Wächter*innen für die Ermöglichung liminaler Professionalisierungserfahrungen. Dies gelingt, indem Ausbildungsinstitute zuverlässige Rahmenbedingungen etablieren und prozessorientiert gestalten. Damit tragen die leiblichen Erfahrungen des (Er)Lernens im stabilen Rahmen einer Ausbildung wesentlich zur Entwicklung und Inkorporation von Handlungslogiken der professionalisierten supervisorischen Praxis bei.

Der Generationenwechsel als liminale Schwellenerfahrung

Im Lichte meiner bisherigen Ausführungen erscheint es plausibel, auch den Generationenwechsel in den Ausbildungsinstituten als einen rituellen Prozess zu betrachten. Folgt man meiner Argumentation, so wird klar, dass Supervisor*innen aka Ausbildungsleitungen nicht nur professionalisierte Kompetenzen im Bereich der Gestaltung von Veränderungsprozessen, sondern auch ein Bewusstsein davon haben, welche Bedeutung ritualisierten Handlungen im Erleben von Entwicklungsprozessen zukommt. Die Vermittlung dieses Grundverständnisses und die Förderung dieser Kompetenzen gehört inhärent zu den Aufgaben von Ausbildungsinstituten zur Supervision.

Angesichts dieser Kernkompetenzen stellt sich für mich die Frage, ob Institute ihre Generationenwechsel auch bewusst ritualisiert gestalten bzw. inwiefern eine solch bewusste Gestaltung überhaupt möglich und zielführend sein kann? Oder anders gefragt: Ist eine bewusst ritualisierte Gestaltung des Generationenwechsels nicht vielmehr auch notwendig, um die Stimmigkeit vom eigenem Weiterbildungskonzept und Weiterbildungshabitat (Dinger 2022) vorbildgebend zu gewährleisten?

Es steht mir nicht zu, diese Fragen grundsätzlich zu beantworten, vielmehr kann ich mit Rekurs auf meine persönlichen Erfahrungen als nunmehr nachfolgende Ausbildungsleitung und Vorstandsmitglied lediglich beschreiben, was ich wahrnehme, und diese Wahrnehmung theoriegeleitet reflektieren. Dabei umfasst meine Darstellung auch meine Erfahrungen aus kooperativer und kollegialer Zusammenarbeit mit Kolleg*innen anderer Institute bzw. innerhalb der DGSv.

Mit der offiziellen Abgabe bzw. Übergabe von Verantwortungen auf den Leitungsebenen der Ausbildungsinstitute sind diese offensichtlich bewusst in Phasen der Seperation eingetreten. Neue Personen übernehmen diese Aufgaben. Ob diesen personellen Veränderungen auch strukturelle folgen, und ob damit gegebenenfalls auch sozio-ökonomische, inhaltliche, methodische und/oder ressourcielle Folgen verbunden sind, wird sich künftig erweisen. Mit der Etablierung der neuen Qualitätsstandards der DGSv stehen die Ausbildungsinstitute auf jeden Fall vor der Notwendigkeit, sich auch inhaltlich und strukturell weiterzuentwickeln.

Aktuell sind die Institute, die mit der Seperation begonnen haben, damit zugleich in intensive liminale Schwellenphasen eingetreten. Im Kontrast zum kollektiv etablierten ritualisierten Prozess von Ausbildungen zur Supervision, erfolgen die Generationswechsel in den Ausbildungsinstituten eben nicht entlang systematisch organisierter Prozesse mit klaren Settings, Rahmenbedingungen und Hüter*innen. Vielmehr handelt es sich primär um Entwicklungen, die ihren Ausgangspunkt oftmals in teils lange geplanten, teils ad hoc getroffenen persönlichen Entscheidungen von Einzelpersonen nehmen und die dann institutsintern umgesetzt werden.

Die Trennungsphase ist im Kontext der Generationenwechsel in den Instituten also nicht eindeutig von der Übergangsphase zu unterscheiden. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die konkrete Ausgestaltung der Übergänge ebenso wie die spezifischen Herausforderungen sind sicherlich nicht nur in besonderem Maße institutsbezogen, sondern werden auch maßgeblich von den jeweiligen Persönlichkeiten sowie interpersonellen und gruppenbezogenen Dynamiken mitbestimmt. Dabei spielen gegebenenfalls auch materielle und/oder ortsgebundene Faktoren ebenso wie inhaltlich-methodische Fragestellungen eine Rolle. Zudem fehlen nach meiner Kenntnis bisher institutsübergreifende metareflexive Auseinandersetzungen mit dieser für alle Institute gleichermaßen bedeutsamen kritischen Phase des Wandels.

Wesentlich für das Erleben dieser Phase des Wandels innerhalb der Institute ist dabei nach meiner Einschätzung, ob die Personen, die Leitungsverantwortungen abgeben, weiterhin in veränderten Funktionen in den Instituten mitwirken (beispielsweise als Dozierende, Lehrsupervisor*innen oder als Mitglieder im Institut und/oder Vorstand) oder, ob sie alle Funktionen aufgeben und sich damit gänzlich aus dem Geschehen zurückziehen. Ist letzteres der Fall, sind diese Abgebenden nicht länger aktiv Miterlebende im Setting eines Instituts. Diese Personen müssen ihre eigenen liminalen Erfahrungen, die mit dem Ausscheiden verbunden sind (in der Regel den Eintritt ins Rentendasein und die damit verbundene Reintegration in familiäre und gesellschaftliche Strukturen), selbstbestimmt in dafür geeigneten Rahmenbedingungen gestalten. Ihr Fehlen eröffnet den Nachfolgenden nicht nur andere Gestaltungsmöglichkeiten, sondern schafft auch kurzfristige Gestaltungsnotwendigkeit. Im erstgenannten Fall ist die Komplexität dieser Liminalität sicherlich nur exemplarisch zu skizzieren, dabei sind die Ausgestaltungen und (Er)Findungen neuer Rollen und Funktionen und die damit verbundenen Aushandlungsprozesse zentrale Aspekte – eine Auseinandersetzung mit der Spezifik dieser Liminalität wäre einen eigenen Beitrag wert.

Meines Erachtens besteht die größte Herausforderung dieser Phase des kritischen Wandels in der Koexistenz der divergierenden Bedürfnisse der Abgebenden auf der einen und der Nachfolgenden auf der anderen Seite. Der Abschied von langjähriger engagiert und erfolgreich gestalteter Verantwortung, die Anerkennung der eigenen Endlichkeit, der Neid auf die Lebendigkeit, der Verlust von Vertrautem, die Erleichterung und die Kränkung, die Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Würdigung der eigenen Leistungen, der Trauerprozess begleitet von der Freude über transgenerationales Fortbestehen und der Stolz über das Erreichte begegnet dem Wunsch und dem Anspruch der Nachfolgenden, nun selbstbestimmt die Leitungsverantwortungen zu übernehmen. Ein Bedürfnis, das nicht weniger als das der anderen mit äußerst ambivalenten Emotionen einherkommt: Die Freude über die sich eröffnenden Gestaltungsmöglichkeiten, die Lust am Neubeginn, die Neugier, die Konkurrenz im sich behaupten, die Angst vor Überforderung, der Wille zur Selbstbehauptung, die Verärgerung über oder gar Wut auf die noch immer Anwesenden, das Ersehnen eines Abschieds begleitet von der Furcht vor dem endgültigen Verlust und der damit verbundenen Trauer um das Unwiderrufliche gepaart mit narzisstischen Anerkennungsbedürfnissen.

Angesicht einer solchen affektiv intrapsychischen, interpersonellen sowie institutionellen Dynamik wundert es nicht, dass alle Beteiligten diese Phase des Wandels als äußerst fordernd und als große Anstrengung, vielleicht auch streckenweise als Überforderung erleben. All dies fußt auf der kollektiven Kraftanstrengung, den regulären Ausbildungsbetrieb aufrecht zu erhalten. Meines Erachtens wird dabei teilweise unterschätzt, welche (un)bewussten Auswirkungen dieser generationale Wandel auf die Ausbildungsteilnehmenden als Einzelpersonen, als Gruppe sowie auf Institute als Organisationen hat.

Gelingt es nicht, über diese zunächst einmal intrapsychischen und interpersonellen Affekte und die damit verbundenen Effekte auf die Personen und Institutionen in einen bewusst gestalteten Dialog und kollektiv etablierten ritualisierten Prozess zu kommen, dann – das ist meine Überzeugung – bestehen Risiken existentieller Destabilisierungen, und zwar sowohl für Einzelpersonen und Gruppen als auch für die Institute als Organisationen. Die basale Funktion von Ritualen, nämlich „in Gesellschaften mit voneinander abgegrenzten sozialen Positionen, Gruppen und Lebensphasen einzelnen oder mehreren Individuen den Übergang von einer Position bzw. Gruppe zu einer anderen zu ermöglichen“ (Warstat 2005, S. 186), gewinnt vor dem Hintergrund meiner Wahrnehmungen und Reflexionen zur Phase des Wandels in den Ausbildungsinstituten eine signifikante, sinnstiftende Bedeutung: der potentiell existentiellen Destabilisierung stützende Rahmenbedingungen entgegenzusetzen, um den Generationenwechsel integrativ zu gestalten.

Zum (Aus)Halten all dieser divergierenden und all dieser gleichermaßen berechtigten Affekte sowie zum Gestalten der damit verbundenen Effekte benötigt es meines Erachtens rituelle Formen des Miteinander. Dazu zählen beispielsweise die Entwicklung bewusst etablierter, anlassbezogener Settings, in denen Dialoge und Reflexionen über vergangenes sowie gegenwärtiges Erleben und zukünftiges Gestalten möglich werden. Angemessene Settings schaffen nicht nur strukturelle Rahmenbedingungen, sondern sind zugleich die Anerkennung, dass es sich um eine liminale Phase des Wandels handelt, die kollektiv bewältigt werden muss. Dazu zählt auch, sich Raum und Zeit zu nehmen, um Übergangsmomente auch klar rituell zu markieren – beispielsweise indem Abschiede und Neuanfänge mit gemeinsamen Feiern betrauert und bejubelt werden. Auch sollte über Formen der Kommunikation dieser generationalen Wandlungsprozesse mit Ausbildungsteilnehmenden sowie mit Alumni-Netzwerken nachgedacht werden, um damit für die Glaubwürdigkeit der supervisorischen Profession auch in der gelebten Praxis der eigenen Organisation einzutreten. Darüber hinaus halte ich auch institutsübergreifende metareflexive Auseinandersetzungen mit dieser für alle Institute gleichermaßen bedeutsamen kritischen Phase des Wandels für förderlich.

Fazit: Generationenwechsel bewusst ritualisiert – darum geht es!

Die Anfrage an mich, einen Text zum Thema Veränderungen in den Ausbildungsinstituten zu schreiben, war nicht nur eine herausfordernde Aufforderung – schließlich ist es ein Thema, das mich persönlich betrifft –, sondern auch eine Initiation. In diesem Moment habe ich begonnen, mich von meinem leiblichen Erleben meiner Rollen als Ausbildungsleitung und Vorstandsmitglied reflexiv zu distanzieren (Seperation).

Damit bin ich in einen Prozess der diskursiv-theoretischen Reflexion meiner Wahrnehmungen eingetreten (Übergangsphase). In der Liminalität des Denkens und Schreibens habe ich an meine Erfahrungen angeknüpft und habe diese zugleich als persönliche und kollektive verstanden. Dafür habe ich im Schreiben dieses Textes eine Gestalt gefunden.

Die Veröffentlichung meines Textes ist rituell markiert (Reintegration), denn Publikationen dienen einem medial vermittelten kollegialen Dialog. Ich stelle damit meine Reflexionen zur Diskussion. So betrachtet leiste ich mit dieser Publikation hoffentlich einen Beitrag zu dem, was ich mit meinem Plädoyer für erforderlich deklariert habe: Ein bewusst ritualisiertes Gestalten des Generationenwechsels in unseren Ausbildungsinstituten. Dabei halte ich es für durchaus bedeutsam, dass mein Beitrag zu diesem Thema im Newsletter des FiS-Instituts und damit institutsübergreifend erscheint.


Literatur

  • Aguado, Miquel und Grawe, Bernadette. 2021. Professionalisierter supervisorischer Habitus. Professionstheoretische und curriculare Überlegungen. In punto Standards No. 1: DGSv.
  • Dinger, Wolfgang. 2022. „Das Habitat. Zur Bedeutung des organisatorischen Rahmens einer Qualifizierung.“ Impuls bei der 9. DGSv-Tagung der Weiterbildungsanbietenden am 28. Juni 2022 in Frankfurt/Main. In: 21. Newsletter des FiS Fortbildungsinstitut für Supervision (online, zugegriffen am 05. Mai 2023).
  • Löwer-Hirsch, Marga. 2016. „Der intermediäre Raum in der Beratung“. In: Klaus Obermeyer und Harald Pühl (Hrsg.). Die innere Arbeit des Beraters. Organisationsberatung zwischen Befangenheit und Bewegungsfreiheit. Gießen: Psychosozial-Verlag. S. 45–58.
  • Merkel, Wolfgang. 1999. Systemtransformation. Eine Einführung in die Theorie und Empirie der Transformationsforschung. Opladen: Leske & Budrich.
  • Stritzke, Nadyne. 2019. „Produktive Triangulierung. Kompetenzentwicklung im triangulären Raum von Ausbildung, Supervision und Primärprofession“. In: Supervision. Mensch. Arbeit. Organisation. Zeitschrift für Beraterinnen und Berater. 3.2019. S. 47–55.
  • Stritzke, Nadyne. 2011. Subversive literarische Performativität. Die narrative Inszenierung von Geschlechtsidentitäten in englisch- und deutschsprachigen Gegenwartsromanen. Trier: Wissenschaftlicher Verlag Trier.
  • Turner, Victor. 1977. „Variations on a Theme of Liminality”. In: Sally F. Moore und Barbara G. Myerhoff (Hrsg). Secular Rituals. Assen: Van Gorcum. S. 36–52.
  • Warstat, Martin. 2005. „Liminalität“. In: Erika Fischer-Lichte, Doris Kolesch und Martin Warstat (Hrsg.). Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart/Weimar: Metzler. S. 186–188.
  • Winnicott, Donald Woods. 1971. Playing and Reality. London: Tavistock Publications.

Dr. Nadyne Stritzke

Dr. phil., Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte und Leiterin der Stabsabteilung Büro für Chancengleichheit (Justus-Liebig-Universität Gießen), Literatur- und Kulturwissenschaftlerin, Beraterin (DGSF), Supervisorin/Coach (DGSv), Redaktionsmitglied der Zeitschrift Supervision. Mensch. Arbeit. Organisation, Vorstandmitglied und Ausbildungsleiterin (Institut für Analytische Supervision Düsseldorf, ASv).

Notwendige Veränderungen als liminale Schwellenerfahrungen