gefunden in den Bereichen Sozialwesen, Gesundheit und Wirtschaft

Auftraggeber von Supervision oder Coaching treten in der Regel mit einem ganz bestimmten Anliegen an die Supervisor*innen und Coaches ihrer Wahl heran. Sie formulieren eine Aufgabe, eine Herausforderung, eine Problemstellung, einen Konflikt oder beschreiben Symptome, die die Arbeit und Zusammenarbeit erschweren. Sie erhoffen sich eine Lösung, mindestens aber Linderung dessen, für das sie unabhängige Beratungsexpertise erfragen. Oder sie suchen Begleitung in dauerhaft sozial und psychologisch anspruchsvollen Aufgabenfeldern.

Die Anfrage ist die Grundlage für die Auftragsklärung und Kontraktbildung. Als Supervisor*in und Coach nähern wir uns an, fragen nach, versuchen, das Anliegen genau zu verstehen und zu präzisieren. Wir interessieren uns für die Vorgeschichte der Anfrage, überprüfen, ob diese mit unseren beraterischen Möglichkeiten voraussichtlich zu bearbeiten ist. Dadurch schaffen wir eine Beziehungs- und Vertrauensbasis und bereiten den Rahmen für eine künftige Zusammenarbeit vor.

Wir lassen uns berühren, um nicht nur die bewussten, sondern auch die unbewussten Informationen aufnehmen zu können.

Am Beginn und im weiteren Verlauf eines Beratungsprozesses besteht die Kunst unter anderem darin, in der Konzentration auf Details und Einzelheiten das Gesamtbild und die größere Perspektive nicht aus den Augen zu verlieren. Denn obwohl manche grundlegende Information, die Wesentliches beinhaltet, leicht erkennbar oder verfügbar wäre, kann sie in ihrer Offensichtlichkeit übersehen werden. Das kann zum Beispiel daran liegen, dass sie zu selbstverständlich, zu einfach oder zu naheliegend erscheint. Es kommt dazu, dass „der Wald vor lauter Bäumen“ nicht mehr gesehen wird.

Bei der Vorbereitung unserer Praxisbeispiele hat uns also besonders beschäftigt, wie wir uns dem Verborgenen in Organisationen nähern können und welche Wirk- und Einflussfaktoren beim Verbergen eine Rolle gespielt haben.

Wir werden bei den FiS-Supervisionstagen 2024 diskutieren, inwieweit Verborgenes auch soziale Einflussfaktoren hat. Ist es vielleicht so, dass vor allem Unbequemes, vermeintlich Stigmatisierendes oder besonders Offensichtliches eher vermieden wird? Oder geht es auch darum, dass Dinge nicht sein dürfen und damit besonders Offensichtliches ins Verborgene abgleitet? Und wie beeinflussen auch wir Supervisor*innen in unserer Individualität das Geschehen? Was haben unsere Herkunft, unser Geschlecht, unser Alter, unsere Vorerfahrungen, unsere Persönlichkeit etc. damit zu tun, dass für uns etwas eher verborgen oder im Fokus ist?

Jede*r von uns wird aus seiner/ihrer Praxis berichten.

Wir werden uns in einem Wirtschaftsunternehmen wiederfinden, das sich in einem besonders wettbewerbsintensiven Umfeld behaupten musste und dabei verschiedene Herausforderungen zu meistern hatte. Was Supervision hier bewirken konnte, wird sich im Beitrag wiederfinden.

Ein weiteres Beispiel führt uns in ein Krankenhaus, wo Hierarchie und Generationenthemen auf der Hand liegen. Gleichwohl wirkt es gelegentlich so, als seien diese Themen dort besonders weit ins Verborgene verschoben.

Im Beispiel aus dem Sozialwesen kommen wir dem Verborgenen über das Leid im Persönlichen auf die Spur. Hier liegt der Fokus darauf, wie sich das nicht Wahrnehmen, Anerkennen und Bearbeiten institutioneller Themen auf Organisationsebene auf den Einzelnen im institutionellen Kontext auswirken kann und welche Folgen dies hat.

Wir freuen uns darauf, mit Ihnen anhand unserer Praxisbeispiele Phänomenen auf die Spur zu kommen, die offensichtlich sind und sich der Wahrnehmung und damit der Bearbeitung trotzdem scheinbar entziehen.


Paul Fortmeier, Münster, Supervisor und Coach (DGSv), Trainer und Ausbilder für Gruppendynamik (DGGO), Organisationsberater (DGGO).


Petra Schimmel, Dortmund, (Lehr-) Supervisorin und Coach (DGSv), Balintgruppenleiterin (DBG), Mitarbeit in der Balintleitungsausbildung IPU und FIS


Anna-Lena Thies, Laer, M.A., freiberufliche Supervisorin und Coachin (DGSv.), angestellt an der Universität Münster als Projektleitung eines Projektes zur Weiterbildung junger Allgemeinmediziner*innen.

Zu nah dran … im Offensichtlichen Verborgenes