Erste Auswertung zur Umfrage

Die Frage, wie sich die eigene Profession durch die Supervisionsausbildung und durch die eigene Praxis danach entwickelt, hat uns dazu bewogen, eine Umfrage zu konzipieren, um uns diesem Themenfeld zu nähern. Bei den FiS-Supervisionstagen im April/Mai 2022 stellten wir dieses Vorhaben vor und kündigten im gleichen Zug eine Online-Befragung an.

Es gab viele positive Nachfragen und ein interessiertes, zugewandtes Feedback. Im Juni 2022 versendeten wir die Umfrage an etwa 200 Absolvent*innen verschiedener Jahrgänge. Sie bestand sowohl aus Multiple-Choice-Fragen als auch aus Freitextfeldern. Als die Umfrage im September geschlossen wurde, konnten wir uns über eine Rücklaufquote von 25 % freuen.

Diesen Artikel wollen wir dafür benutzen, zum aktuellen Stand der Auswertung zu informieren und das weitere Vorgehen vorzustellen.

Wer hat teilgenommen?

46 vollständig ausgefüllte Fragebögen haben wir nun vorliegen.

Das Durchschnittsalter der Antwortenden ist 62 Jahre. 21 Personen – also fast die Hälfte der Befragten – haben ihre Ausbildung beim FiS vor 2000 gemacht. Bei den anderen ist auffällig, dass 12 Personen aus den Jahrgängen 2015 bis 2021 stammen, die anderen Personen verteilen sich auf die Zeit zwischen 2000 und 2015. Es kann also zum einen eine hohe Bindung der früheren Ausbildungsjahrgänge, als auch der jüngsten Jahrgänge vermutet werden.

22 Personen (48 %) bezeichnen sich selbst als komplett freiberuflich. Die anderen sind entweder in Vollzeit oder Teilzeit angestellt oder in Teilzeit freiberuflich tätig. 14 Personen sind in Rente.

Die Auswertung der Umfrage teilt sich in verschiedene Abschnitte. Zum einen werden die Freitextkommentare analysiert, zum anderen werden die Multiple-Choice-Antworten ausgewertet und korreliert. Begonnen haben wir mit der Auswertung der Freitexte, die Korrelation der Multiple-Choice-Fragen ist im Moment noch in Arbeit, diese Ergebnisse stellen wir zu einem späteren Zeitpunkt vor.

Auswertung der offenen Fragen

Besonders auffällig ist die große Bereitschaft, Freitextkommentare zu schreiben. So beantworten zum Beispiel die Frage, welche Dynamiken der Weiterbildung am meisten zum Aufbau der eigenen Professionalität beigetragen haben, von den insgesamt 46 Teilnehmer*innen 41 Personen. Wenn man hier die Häufigkeit von bestimmten Textbestandteilen betrachtet, so fällt auf, dass der weit überwiegende Anteil die gruppendynamische Erfahrung im Plenum der Weiterbildungsgruppe als wichtigsten Einflussfaktor für die eigene Professionalitätsentwicklung ansieht.

Damit verdeutlichen die Antworten der Befragten, dass die krisen- und konfliktdynamische Großgruppensituation der Weiterbildung Erfahrungen vermittelt, die die eigene Professionalisierung, den eigenen Habitus prominent unterstützt haben. Ebenfalls sind die Erfahrungen in der Werkstattgruppe, in denen die eigene Lernsupervision kritisch reflektiert wird, sehr wichtig. Hier wird vor allem die Selbstreflexion und die Internalisierung von angemessenem supervisorischem Rollenverhalten betont. Beides wird in der begleitenden Lehrsupervision bedeutsam. Nicht zuletzt hat das Verhalten der Kursleitung modellhaft Professionalität erlebbar gemacht.

Auch der Punkt, was im Rückblick in der Ausbildung gefehlt hat, ist ein wichtiger Aspekt der Befragung und wurde ebenfalls zahlreich beantwortet (26 Freitexte). Dabei fällt auf, dass vor allem theoretische Themen vermisst wurden, ebenso wie aktuelle Forschungen zu Organisation und Arbeitswelt oder der Theorie/Praxis-Transfer.

Hier könnte man eine Erklärung darin finden, dass die große Anzahl derjenigen, die an der Befragung teilgenommen hat, ihre Weiterbildung noch zu einer Zeit durchgeführt haben, in denen es keine Theorie-Workshops gab. Diesen Befund also auch nochmal genau mit den Ausbildungszeiten zu korrelieren, wäre plausibel.

Der zweite Schwerpunkt der offenen Fragen bezog sich darauf, welche Aspekte der eigenen Praxis am meisten bei der Weiterentwicklung der professionellen Kompetenz geholfen haben.

Hier haben 34 Personen geantwortet. Sehr groß ist der Anteil derjenigen, die die eigenen Erfahrungen, das „selbst laufen lernen“ in den Mittelpunkt rücken (27 Nennungen). Dabei geht es um das Experimentieren, darum, sich selbstwirksam zu erleben. Weitere Punkte sind die Balintgruppe, die Kontrollsupervision, gefolgt von Intervision im Kollegenkreis, einer ständigen eigenständigen (Selbst)Reflexion der Praxis und Weiterbildungen.

Man kann hier deutlich erkennen, dass es die eigene Erfahrung ist – verbunden mit Selbstreflexion –, die den Schwerpunkt der eigenständigen Professionsentwicklung ausmacht, gleich gefolgt von der Erfahrung von Formaten der professionellen Selbstreflexion, ob nun angeleitet oder nicht.

Wie geht es weiter?

Mit diesen ersten, sehr erfreulichen Ergebnissen begeben wir uns in die weitere Bearbeitung und kümmern uns vor allem darum, Ergebnisse miteinander in Beziehung zu setzen. Dies soll dazu beitragen, die Professionsentwicklung zu beleuchten, aber auch die Ausbildung im FiS zu reflektieren.

Im April 2023

Anna-Lena Thies

Anna-Lena Thies (*1985) hat einen Magister in Europ. Ethnologie, Deutsch und Religionswissenschaft. Sie arbeitet freiberuflich als Supervisorin (DGSv) und angestellt an der Universität Münster als Projektleitung eines Projektes zur Weiterbildung von jungen Allgemeinmediziner*innen. www.thies-supervision.de

„Entwicklung der eigenen Profession durch die FiS-Supervisionsweiterbildung und die eigene Praxis“