Das Vorbereitungsteam für die 16. FiS-Supervisionstage im Juni 2024 hat sich in mehreren Gesprächsrunden mit dem gegenwärtigen Zustand unserer Gesellschaft beschäftigt, ist dabei auf das Phänomen gestoßen, dass sich so gut wie alle gesellschaftlichen Themen in den Organisationen, in denen wir als Berater*innen, Supervisor*innen, Trainer*innen und Coaches arbeiten, spiegeln. Mal offensichtlich und mal ganz verborgen.

Mit dem Offensichtlichen umzugehen, fällt nicht so schwer, da es der Kommunikation und der Auseinandersetzung zugänglich ist. Das Verborgene jedoch entzieht sich der Auseinandersetzung und wird oft nur indirekt erfahrbar.

So können in Organisationen Situationen und Szenen entstehen, die scheinbar unlogisch, nicht nachvollziehbar, kaum erklärungsfähig sind, eben, weil sie aus nicht leicht erfassbaren, verborgenen Quellen gespeist werden. Unsere Idee in der Vorbereitungsgruppe war, dass es sich dabei um Spiegelungen von gesellschaftlichen Themen und Problemen handelt, die sich in den Organisationen in verfremdeter Weise aktualisieren.

Wir fanden diese Überlegungen spannend genug, um ihnen weiter auf den Grund zu gehen und im Rahmen der 16. FiS-Supervisionstage mit den Fachkolleg*innen und interessierten Besucher*innen gemeinsam Überlegungen dazu anzustellen und in einen interessanten Diskurs einzutreten. So entstand der Titel der 16. FiS-Supervisionstage.

Verborgenes verstehen – Spiegelungen in Organisationen

In meiner Beratungsarbeit habe ich viel Kontakt mit mittelständischen, meist inhabergeführten Unternehmen und mit größeren Organisationen der Wohlfahrtspflege. Dort begegnet mir eine massive Veränderung in der Art wie „Arbeit“ verstanden wird. Der gegenwärtige Arbeitsmarkt ermöglicht Arbeitssuchenden eine Wahl zu treffen aus einer recht großen Palette von Angeboten, damit lassen sich die Erwartungen an den Arbeitsplatz meist gut platzieren. Da dieser Trend angesichts der demographischen Realitäten nicht abflauen wird, ist es auf Seiten der Arbeitgebenden notwendig, sich der veränderten Erwartungshaltung zu stellen und Konzepte zu entwickeln, die die Erwartungen der Seite der Arbeitsuchenden aufgreifen.

Das Zauberwort für diese Situation heißt New Work. Es klingt blumig und es ist vieldeutig, bei Betrachtung einschlägiger Literatur finden sich auch sehr unterschiedliche, manchmal widersprüchliche Interpretationen des Begriffs. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich in und unter diesem Begriff jede Menge „Verborgenes“ entdecken lässt, das sich in Organisationen auswirken kann und Einfluss nimmt auf Kooperation und Interaktion. Mich interessieren die Einflüsse und Auswirkungen von Elementen des New Work auf die Organisationsdynamik von Unternehmen.

Es gibt eine Vielzahl von positiven („Heils-“)Erwartungen auf die Auswirkungen auf Arbeitsverhältnisse unter den Bedingungen von New Work. Es ist aber auch notwendig, Blicke auf die Schattenseiten der New-Work-Verhältnisse zu werfen. Interessant ist, dass New Work Ansätze in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts als Kapitalismuskritik gestartet sind, bleibt zu hoffen, dass sie nicht als Wellnessduselei in diesem Jahrhundert enden.

Vielleicht haben Sie Lust, bei der Tagung mit mir über diese Fragen nachzudenken? Als Impuls für dieses Nachdenken werde ich für die 16. FiS-Supervisionstage einen Beitrag vorbereiten, der den Titel tragen wird: „New Work: Zwischen ‚bright shine‘ und ‚dark side‘! – Organisationsdynamische Realitäten.“

Worüber sich nachzudenken lohnt …

Michael Faßnacht

(*1955), Dipl.-Psychologe, Dipl.-Theologe, Coach und Supervisor BDP, ausbildungsberechtigter Trainer für Gruppendynamik DGGO, 8 Jahre Vorstandsmitglied der DGGO, seit 2000 freiberuflich in eigener Praxis in Telgte tätig, Gesellschafter des Instituts für Gruppendynamik und Organisationsberatung (igo) Münster. — michaelfassnacht@tfbs.dewww.tfbs.dewww.igo-muenster.de

Worüber sich nachzudenken lohnt …