Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe an Supervision Interessierte,

in diesen Zeiten …

  • in denen der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Bedrohungen uns verstören und erschüttern
  • in denen Gewissheiten ins Wanken geraten, vermeintliche Sicherheiten sich auflösen
  • in denen wir den schmalen Grat spüren, der sich zwischen Leben und Tod bewegt
  • in denen die schmerzhafte Spannung zwischen einer Hoffnung gebenden erblühenden Natur und den trostlosen Bildern der Trümmer, der Toten und der Flüchtlinge kaum aushaltbar ist
  • in denen immer wieder kleine Fluchten in Privates und Berufliches, in den Frühling, uns helfen, aktuellen Situationen und Ängsten vor der Zukunft standzuhaltenin denen Corona weiterlebt und unsere Möglichkeiten der Begegnung weiterhin einschränkt
  • in denen Klimakatastrophen ein regelmäßiger Bestandteil der Nachrichten geworden sind

In diesen Zeiten … fanden die FiS-Supervisionstage vom 30.4.–1.5.2022 in Münster statt.

Dass sie

  • wie es eine Kollegin in ihrem Resümee schrieb – „ein institutionelles Gemeinschaftsgefühl ermöglichten und in ihnen eine Großgruppe dialogfähig war“,
  • intellektuell, fachlich und emotional bewegend die Auseinandersetzung mit dem Fremden im Vertrauten und dem Vertrauten im Fremden ermöglichten,
  • Raum für Begegnungen und Nähe boten – trotz Masken und Abständen,

war vielleicht gerade auch durch die aktuelle Situation genährt, und in diesen Zeiten besonders wichtig. Sie stärkten das Vertrauen in ein gemeinsames Supervisionskonzept, ein verwandtes Menschenbild und eine spürbare, über die Grenzen von Supervision hinausgehende Haltung.

Und es war schön, mit einer Geburtstagstorte miteinander den 35. Geburtstag der FiS-Supervisionstage zu feiern.

Wir freuen uns, sowohl einige persönliche Resümees von SupervisorInnen, die an den Supervisionstagen teilgenommen haben, als auch die Texte des Vortrags von Frau Prof. Bereswill und Prof. Bonz (Podcast-Link/Hörfassung) in diesen Newsletter aufnehmen zu können. So können die KollegInnen, die nicht teilnehmen konnten – teilweise ganz kurzfristig wegen aktueller Coronaerkrankungen absagen mussten – einen anregenden Eindruck gewinnen, und die SupervisorInnen, die teilgenommen haben, bekommen eine lebendige Erinnerungsstütze.

Auch die anderen Beiträge dieses Newsletters zeigen auf unterschiedliche Weise, wie sehr dieser Krieg, aber auch anderen Ereignisse von gesellschaftlicher Tragweite gegenwärtig in den Alltag von Supervisionen hineinreichen.

Mechthild von Prondzinski beschreibt am Beispiel konkreter Supervisionsszenen Hilflosigkeit und Angst im Umgang mit Krieg und Pandemie und ermutigt dazu, in der Supervision Raum und Zeit zur Verfügung zu stellen, um diese Gefühle auszusprechen, sie durch das Benennen „zu zähmen“ und darüber in Kontakt zu kommen.

Juliane Hecker sieht in der transgenerationellen Weitergabe der Traumata der Großeltern-Generation an die „Kriegsenkel-Generation“ eine besondere „Expertise“ in der Supervision und Begleitung der aktiven Migrationshelfer, die sich um die Integration geflohener Menschen aus der Ukraine bemühen. Die „Kriegsenkel-Generation“ hat ihre Erfahrungen mit schweigenden und „kollektiv dissoziierenden“ Eltern und Großeltern soweit reflektiert, dass sie an aktuelle Kriegserfahrungen anknüpfen können.

Brigitte Benzenhöfer hat das Thema der Ermutigung in der Supervision aufgegriffen und zeigt in zwei Supervisionssitzungen – eine vor und eine während der Pandemie -, worin der Impuls zu kleinen Veränderungen bestehen und als stärkend und bekräftigend erlebt werden kann.

Gerhard Wittenberger erinnert daran, dass die Personalauswahl von Führungskräften in Unternehmen und Betrieben ihre Wurzeln in der Geschichte der Psychologie und damit, genauer gesagt, der Militärgeschichte des letzten Jahrhunderts hat. Psychologische Praxis und ihr Wissen entwickelten sich in diesem „Anwendungsbereich“ seit dem Ersten Weltkrieg – nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen europäischen Ländern und USA.

„Beschleunigung“ und „Überforderung“ sind moderne gesellschaftliche Erfahrungen des Subjekts, die seit etwa 30 Jahren wissenschaftlich erforscht werden. Thomas Kuchinke hat einige Aspekte der kontrovers diskutierten Ergebnisse, wie sie auf interdisziplinären Foren und Tagungen vorgetragen werden, für den NL eingesammelt und vorgestellt.

Buchbesprechungen:

Genügend anregenden Lesestoff also für die Urlaubszeit.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Thomas Kuchinke für die Mitarbeit und die anregenden Diskussionen bei der Erstellung dieses Newsletters.

Mit vielen Grüßen
Inge Zimmer-Leinfelder und Monika Maaßen

Vorwort